Es gibt gesellschaftliche Strukturen, in die Mann und Frau eingebettet waren, die die oben beschriebenen Geschlechterrollen und die damit niedrigere Stellung der Frau fördern bzw. beibehalten. Die traditionellen Geschlechterrollen bewirkten, dass Freundschaft als Männer-Domäne gesehen, und den Frauen ein solch geistiges Verhältnis in der Vergangenheit abgesprochen wurde.
Dieses Geschlechterverhältnis von dem hier die Rede ist, wird durch den Begriff Patriarchat
charakterisiert und bedeutet eine gesellschaftliche Vorrangstellung der Männer gegenüber
Frauen in allen Bereichen durch androzentrische Vorstellungen. Die natürliche Überlegenheit
des Mannes begründet seinen gesellschaftlichen Herrschaftsanspruch.
Diese Höherstellung der Männer beruhten u. a. auf der Arbeitsteilung zwischen den
Geschlechtern, die lange Zeit mit der biologischen Andersartigkeit der Frau begründet wurde.
(vgl. METZ-GÖCKEL & MÜLLER 1986: 11).
In Anlehnung an Kapitel 2.2 skizziert JURCZYK (2001: 12 f.) auf der Basis von folgenden fünf
Elementen die Verankerung der traditionellen Geschlechterverhältnisse:
Zum ersten wurden die Geschlechterverhältnisse durch die strukturelle, räumliche und
zeitliche Trennung der Gesellschaft in die "Frauenwelt" und "Männerwelt" verankert. Die
"Frauenwelt" beinhaltete die Familie, in der die Frau der arbeitsintensiven Aufgabe der physischen
und psychischen Versorgung der Familienmitglieder nachging. Die "Männerwelt" beinhaltete den Beruf.
Sie wurde zur Sachwelt, ein Bereich von Tätigkeit und Arbeit, in der das notwendige Geld zum Leben
verdient wurde. Daraus entstand dann die geschlechtshierarchische Arbeitsteilung. Es polarisierten sich
Zuständigkeitsbereiche, in denen die Frauen "verhäuslicht" wurden, obwohl es immer auch Frauen
gab, die zusätzlich zu ihrer familialen Arbeit erwerbstätig waren. Männer waren dann
demzufolge für die außerhäuslichen Tätigkeiten zuständig.
Damit waren die Frauen sozial und ökonomisch an die Existenz des Mannes gebunden und in allen
öffentlichen und privaten Bereichen dem Manne untergestellt. Diese Hierarchie der Geschlechter
war auch juristisch festgelegt.
In Folge konnten sich Geschlechtercharaktere durch die Zuordnung der
Geschlechter zu bestimmten gesellschaftlichen Sphären und Tätigkeiten bilden. Es wurden den
beiden Geschlechtern vermeintliche typische und naturbedingte Eigenschaftskonstellationen zugeschrieben,
die als polar, einander ausschließend und sich wechselseitig ergänzend verstanden wurden.
Eine typische weibliche Eigenschaft war z.B. Emotionalität, eine typische männliche Vernunft.
Das Zusammenleben von Eheleuten basierte bis zur Moderne auf der Ehegattenwahl bedingt durch
ökonomische Voraussetzungen. Das heißt, dass die Liebe nicht das Motiv der Heirat war,
sondern viel mehr der Stand, die Einkünfte und die Arbeitsfähigkeit des Mannes eine Rolle
spielten, damit er die Familie versorgen konnte, besonders in bäuerlichen Lebenszusammenhängen.
Ein Blick in die kleinbürgerliche Familie des 18. Jahrhunderts kann die damaligen
Geschlechterrollen gut veranschaulichen:
Die Frau hatte in Bezug auf die Geschlechterhierarchie in der Familie die untergeordnete Rolle.
Es war normal, dass der Mann das Oberhaupt der Familie ist, und die Frau sich nach ihm zu richten hatte.
Das Einzige, das man ihr uneingeschränkt überließ, war der Haushalt und die Erziehung
der Kinder. MÖLLER (1969: 11) beschreibt die "Ordnung des Hauses", die von Sintenis verfasst wurde.
Darin kommt zum Ausdruck, dass die Frau ein Muster jeder weiblichen Tugend zu sein hat und Vorbild
für die Kinder. Der Abstand zwischen Mann und Frau sei groß. Er hat sie für die Herrin
des Hauswesens erklärt und der innere Haushalt sei die Sphäre ihres Lebens. Zu
großweltlichem Verkehr und geräuschvollen Gesellschaften habe sie sich nicht hingezogen zu
fühlen. Sie solle ohne großen Aufwand bescheidend, zurückhaltend und still leben.
MÖLLER (1969: 15) beschreibt dann weiterhin das Verhältnis zwischen Mann und Frau mit dem "Naturrecht" des Philosophen Fichte. Darin steht, dass die Frau nur noch mit ihrem Mann Leben und Tätigkeit habe. Sie habe aufgehört ein Individuum zu sein, da ihr Leben Teil seines Lebens wird.
Die Stellung des Mannes war entsprechend der Gesellschaftsordnung des Patriarchats vorherrschend. In der Familie war er das Oberhaupt, traf alle wichtigen Entscheidungen, hatte Vorbildfunktion, war Beschützer und Ernährer seiner Familie. Außerdem war er Repräsentant seiner Familie gegenüber der Außenwelt. Er galt in der Familie als der Wissende, Erfahrene, Starke, der der den Rang der Familie durch seine außerfamiliäre Stellung bestimmte.
In SIMMELS (orig. 1901-1908, 1992: 80) Philosophie der Geschlechter kommt das typische der
androzentrischen Denkstrukturen zum Ausdruck. Er stellt eine oberflächliche Beachtung der
Frauen in der Sozialgeschichte fest, obwohl er der Ansicht ist, dass Frauen sich mehr als spezifisch
"weiblich" empfinden, als sich Männer als spezifisch "männlich" empfinden würden.
Das verbindet er mit der Jahrtausende langen Dienstbarkeit der Frauen. Durch den Vergleich von Sklaven
mit Frauen, soll diese zum Ausdruck kommen. Ein Sklave müsse immer daran denken, dass er ein Sklave
ist, ein Herr brauche nicht immer daran zu denken, dass er Herr ist.
SIMMEL sieht die wirtschaftlich Funktion der Frauen in der Leitung der Konsumtion, während den
Männern die Produktion oblag. Die Produktion wäre etwas viel mannigfaltigeres,
arbeitsteiligeres, individueller bestimmtes gewesen als die Konsumtion. In die Konsumtion mündeten
die Erträge aller verschiedenen Produktionen. Er hält die Frauen für homogener als die
Männer und beschreibt gleichzeitig, welches Zentrum die Frauen hatten. Sie waren für die
Küche und den Verbrauch dessen zuständig, was die Männer produziert und beschafft hatten.
Das zeigt die Stellung der Frau in der Gesellschaft.
SIMMEL (orig. 1901-1908, 1992: 81) sucht nach Ursachen für die unterschiedlichen Stellungen der
Frau und des Mannes. Er findet sie darin, dass die Wertordnungen von Männern kreiert sind, und damit
deren Art die Welt aufzubauen und das Leben zu erleben an die Spitze der Wertreihe rückt. Er
bestärkt diese Übermacht der Männer mit der Legitimation der Frauen, denn obwohl Frauen
die Rangordnung zuwiderläuft, geben sie diese als gültig zu. Sie haben das männliche
Prinzip anerkannt, laut SIMMEL.
Mit der Moderne kam das neue Beziehungsideal der romantischen Liebe auf, wo die Eheleute rein das
Gefühl der Liebe als Motiv ihrer Heirat und ihres Zusammenlebens haben sollten. Doch das konnten
sich vorerst nur wenige leisten.
JURCZYK formuliert dann eine These, die besagt, "... dass die traditionelle Basis der Geschlechterverhältnisse einen Zwangszusammenhalt qua geteilter Ökonomie und polarer Geschlechtercharaktere darstellt, der hierarchisch organisiert ist und "abgepuffert" wird durch die Idee der Liebe." (Dies. 2001: 14).
Dass Frauen als nicht fähig für Freundschaften eingeschätzt wurden, kann in diesem
Zusammenhang ein Ergebnis einer Gesellschaft sein, in der das Männliche gar nicht mehr als
Männliches reflektiert wurde, sondern als universal Menschliches galt. Bedingt durch die
geschlechtsspezifische Arbeitsteilung konnten sich solche Vorstellungen von Mann und Frau herausbilden
und verfestigen. Man sieht also, dass Frauen auf ihren Bereich als Mutter, Ehefrau und Hausfrau,
aufgrund der generellen Niedrigerstellung der Frau durch die traditionellen Geschlechterrollen in
der Gesellschaft beschränkt waren, und ihnen geistige Verbundenheit zu anderen Menschen nicht
zugestanden wurde.